Offene Gruppe(n) für Autor:innen aus & um Nürnberg, Erlangen & Fürth
Freitag, 24. Dezember 2010
WORTWERK ANTHOLOGIE III - Projesie-Prosajekt
Endlich! Unsere 3. Wortwerk-Anthologie, erstmals öffentlich vorgestellt zum diesjährigen Poetenfest in Erlangen, ist nun online!
Das Projesie-Prosajekt (Videoprojekt für projizierbare Poesie und Prosa) versammelt Beiträge von 9 Autorinnen und Autoren aus den beiden Autorengruppen und Textwerkstätten „Wortwerk“ in Erlangen und Nürnberg. Namentlich beteiligt sind: Andreas Neuner, Anja Zeltner, Carolin Hensler, Christian Schloyer, Dirk Stolzenberger, Frank Ruf, Rebekka Knoll, Stefan Winter, Thomas Suwito und Tobias Falberg. Unser Dank geht an: Florian Reichart, Ralph Dobratz, D. Radenz, Tobias Zeltner & Senior Kickstart, Hanna Rauh sowie an Philipp Baumgärtel.
Die einzelnen Beiträge sind hier direkt auf YouTube aufrufbar oder über unsere interne Playlist:
01 # agentur für arbeit noch nicht gelistet # Frank Ruf # 1:12
02 # & tunneln # Christian Schloyer # 2:16
03 # Strange Quark # Anja Zeltner # 13:32
04 # voodoo kotau # Frank Ruf # 1:27
05 # Feuerbach # Dirk Stolzenberger # 4:05
06 # abrissbirne # Frank Ruf # 1:22
07 # Ich erst erschuf dich # Tobias Falberg # 0:32
08 # voodoo konsens # Frank Ruf # 1:42
09 # Auf- / Abbruch v. 3.2 # Stefan Winter # 13:36
10 # voodoo kompressor # Frank Ruf # 1:05
11 # du kannst dir das panorama (…) # Christian Schloyer # 2:17
12 # Lete # Carolin Hensler # 11:40
13 # voodoo kontaktbuero # Frank Ruf # 1:13
14 # etwas das geschehen ist als ob (…) # Christian Schloyer # 1:04
15 # voodoo kopfgeld # Frank Ruf # 1:51
16 # (Rosalia, auf der Treppe ihres Hostals) # Thomas Suwito # 4:25
17 # voodoo kontagium # Frank Ruf # 1:33
18 # Entdeckung des Gewichts # Tobias Falberg # 0:45
19 # voodoo kontrollraum # Frank Ruf # 1:04
20 # automatic outlaw # Christian Schloyer # 0:55
21 # Suppenleise # Rebekka Knoll # 9:15
22 # voodoo kontinuum # Frank Ruf # 1:37
23 # Hungrig # Andreas Neuner # 9:37
Gesamtspielzeit: 87 Min.
Mittwoch, 8. Dezember 2010
Gewonnen!
Wir haben gewonnen. Vielen Dank an alle die für NACHTS gestimmt haben. Die Redaktion von MyComics.de hat auf ihrer Seite auch ein Interview von Tomppa und mir eingestellt, das ihr jetzt auch hier lesen könnt.
Woher kam die Idee zu deinem Wettbewerbs-Comic?
Tomppa: Die Idee kam einzig durch Perrudja, denn er hatte die Story bereits vor einiger Zeit als Kurzgeschichte verfasst und mir zugeschickt. Als ich sie las, war mir sofort klar, dass ich diese Geschichte zeichnen möchte. Die Noir Atmosphäre und die geheimnisvollen Charaktere hatten es mir sofort angetan.
Aber vielleicht muss ich noch etwas weiter ausholen: Perrudja und ich lernten uns im Juni auf dem Comic Salon in Erlangen kennen. Er fragte am Stand meines Verlegers THENEXTART generell nach der Bereitschaft der dort anwesenden Zeichner, für die von ihm und einigen Mitstreitern herausgegebene Literaturzeitschrift "Blumenfresser" einen Comic nach einer frei wählbaren Thematik zu produzieren, um diesen dann in der folgenden Ausgabe zu veröffentlichen. So kamen und blieben wir in Kontakt. Eigentlich nur als Anregung schickte er mir dann einige Wochen später seine Kurzgeschichte NACHTS zu, und der Rest ist Geschichte.
Leider kam es dann doch nicht zu einer Veröffentlichung im "Blumenfresser", aber mir war von Anfang an klar, dass dies mein nächster User-Comic auf myComics.de sein würde. Dass wir damit am Wettbewerb teilnehmen und auch noch gewinnen würden, war aber überhaupt nicht zu erwarten und freut uns daher ganz besonders!
Perrudja: Wie schon gesagt; beim Comic-Salon in Erlangen haben wir uns kennen gelernt. Das Atmosphärische, Düstere von Tomppas „ENGEL“ hat mich sofort angesprochen. „Nachts“ habe ich nach einer durchzechten Nacht geschrieben, nach der ich auch noch stundenlang nach Hause laufen musste, weil es keine Öffentlichen Verkehrsmittel mehr gab. Es geht um einen Alptraum, auf den man sich gegen jede Vernunft einlässt , weil Angst ein so bodenloses Gefühl ist. Ein schwieriges Thema, das davon lebt, dass das Zwielicht der nächtlichen Stadt eingefangen wird. Dafür war Tomppa genau der richtige Zeichner.
Wann hast du mit dem Comicschreiben und Zeichnen angefangen, und wie kamst du dazu?
Tomppa: Für Comics interessiere ich mich schon seit meiner Kindheit. Schon immer waren es die amerikanischen Superhelden, die es mir angetan haben. Jahrelang war ich aber reiner Konsument solcher Comics, obwohl ich schon immer gerne und viel gezeichnet habe. Dann im Jahr 2006 nahm ich an einem einjährigen Comic Design Kurs der Berliner Games Academy teil, wo mich mein französischer Lehrer Emmanuel Murzeau überhaupt erst in die Lage versetzte eigene Comics in einer ansprechenden Qualität zu produzieren. Im Rahmen dieses Kurses entstand übrigens auch meine Figur DER ENGEL. Und wie sollte es anders sein, ist dies natürlich ein Superheld; allerdings ein deutscher Superheld, der in meiner Heimatstadt Berlin zu Hause ist. Auf myComics.de kann man mittlerweile eine Kurzgeschichte mit dem ENGEL, sowie Leseproben zu den beiden beim THENEXTART Verlag erschienen Heften finden.
Perrudja: Comiclesen beschäftigt mich schon seit einer Ewigkeit, genauso wie das Schreiben von Texten. Da ich aber nicht zeichnen kann, habe ich bislang nur davon geträumt, meine Geschichte bildlich umzusetzen. Daher war es ein richtiger Glücksfall für mich, auf Tomppa zu treffen. Es ist ja in Deutschland nicht so üblich, dass ein Zeichner mit einem Texter zusammenarbeitet. Meine Lust im Comic-Bereich weiterzumachen, ist auf jeden Fall riesengroß.
Das erste Comicheft, das du dir selbst gekauft hast, war:
Tomppa: Daran kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern. Das war irgendwann in meiner frühen Kindheit und wahrscheinlich ein Spider-Man oder Superman Comic. Spider-Man war mein absoluter Lieblingsheld als Kind. Heute wäre das eher Batman oder Haunt aus dem Hause Image. Aber natürlich habe ich als Kind genauso gerne Mickey Maus, Asterix oder Fix und Foxi gelesen. Vielleicht war´s auch eins aus der Ecke.
Perrudja: Das war natürlich ein Micky Maus Heft. Wobei ich darauf geachtet habe, dass Donald, die Hauptfigur des Heftes war. Bis heute bin ich ein Donald-Fan geblieben. Die „Lustigen Taschenbücher“ habe ich als Kind gesammelt und besitze bis heute die ersten 100 Bände.
Woran arbeitest du gerade?
Tomppa: Zur Zeit arbeite ich am dritten Teil meiner ENGEL Miniserie, die auf insgesamt fünf Teile angelegt ist. Neuigkeiten dazu kann man jederzeit auf meinem Blog oder auf meiner Tomppa-Facebook-Seite nachlesen. Dort sind auch schon die ersten Seiten aus dem neuen Heft gepostet, und man wird erkennen, dass ich im Zuge der Arbeit an NACHTS meinen Stil doch merklich verändert habe. Ich hoffe, den Leuten gefällt´s.
Und dann habe ich noch ein neues Gemeinschaftsprojekt ins Auge gefasst, aber dazu möchte Perrudja vielleicht Näheres sagen.
Perrudja: Ja, da unsere Zusammenarbeit so gut geklappt hat, planen wir für nächstes Jahr ein neues Projekt, etwas Großes. Die Geschichte spielt im 6. Jahrhundert am nördlichen Alpenrand. Es geht um die Landnahme der Germanen, die immer weiter in die Berge vordrängen und dabei in die Rückzugsgebiete nichtmenschlicher Wesen, die wir heute nur aus den Mythen von damals kennen. Es soll eine düstere Fantasy-Geschichte mit historischen Wurzeln werden, - wenn alles nach Plan verläuft über mehrere Alben hinweg erzählt.
Wenn du dich für eine Wochen in eine Comicfigur verwandeln könntest, wer würdest du dann sein?
Tomppa: Ich würd´s mal mit meinem ENGEL versuchen. Das wäre schon cool, wenn man tatsächlich einmal diesen dunklen Rächer über Berlins Dächern erspähen würde.
Perrudja: Ganz klar; - Corto Maltese. Denn seine Welt ist groß und großartig.
Dienstag, 23. November 2010
NACHTS - eine Comic-Kurzgeschichte
Auf dem Comic-Salon in Erlangen lernte ich dieses Jahr den Comiczeichner Tomppa kennen. Da die Literaturzeitschrift BLUMENFRESSER Comics zur Veröffentlichung suchte, kam es zu einer Zusammenarbeit. Ich lieferte unter meinem Pseudonym "Perrudja" Plot und Texte und Tomppa zeichnete das Ganze dann. Herausgekommen ist eine sechsseitige Kurzgeschichte im Noir-Stil. "Sin City" stand im Schatten Pate.
Das Comic wurde dann von Tomppa auf der wichtigsten Internet-Seite für Neue Comics in Deutschland veröffentlicht. - www.mycomics.de - Die Resonanz war gut.
Die Blumenfresser-Redaktion allerdings lehnte das Comic ab. Zu brutal, auch das Wort "platt" fiel. "Politische Korrekt-ness" wurde nicht in die Diskussion eingebracht, aber es war vor allem der weibliche Teil der Redaktion, der sich heftig gegen eine Veröffentlichung wehrte.
Ihr könnt euch immer noch selbst eine Meinung bilden. Denn NACHTS wurde von der mycomics-Redaktion ausgewählt, am mycomics-Wettbewerb teilzunehmen. Bis zum 29. November kann man online über das beste User-Comic abstimmen. Der Link dahin ist beigefügt. Wenn NACHTS gefällt, freuen wir uns über eure Stimmen, wenn nicht ... auch gut.
http://mycomics.de/content/wettbewerb-november-2010.html
Nach Ende des Wettbewerbs kann man NACHTS immer noch über die Suchfunktion finden. Einfach den Titel oder Tomppa oder Perrudja eingeben.
Dienstag, 9. November 2010
Montag, 8. November 2010
A star is a gap in the night: Hans-Peter Stark stellt in Mainz aus
Hans-Peter Stark:
A star is a gap in the night
Ausstellung vom
6.11.2010 bis 31.1.2011
Galerie arte]n
Alessandra Nobilia
Gaustraße 57 in Mainz
http://www.arte-n.de
Die im September 2010 neu eröffnete Galerie und Kunstbuchhandlung der Mainzer Kunsthistorikerin Alessandra Nobilia arte]n zeigt in ihrer ersten Einzelausstellung unter dem Titel A star is a gap in the night Arbeiten von Hans-Peter Stark.
In enger Kooperation mit der Frankfurter Galerie Greulich, werden vom 6. November 2010 bis 31. Januar 2011 Arbeiten von Hans-Peter Stark (*1971) aus verschiedenen Werkphasen gezeigt.
Unter anderem stellt Hans-Peter Stark Werke zu Gedichten von Tobias Falberg aus, die aus einem gemeinsamen Stipendien-Aufenthalt im Künstlerhaus Lukas in Ahrenshoop heraus entstanden sind.
Auf der Seite der Galerie ist unter Künstler/Hans-Peter Stark ein Teil der Ausstellung zu besichtigen.
Montag, 11. Oktober 2010
1. Nürnberger Lyriknacht: Textsoundbilder zum Hören, Sehen & Tanzen
Kulturkellerei im K4, Königstraße 93, Nürnberg
Eintritt: 5.- € (ermäßigt: 3.- €)
Mit Dirk Baumeister, Andrea Heuser, Christian Schloyer, Anja Utler (Text), Paul Weigel, Mario Igel (Sound) und Rick Götting (3D-Bild)
Improvisationskunst auf höchstem Niveau: Die jungen renommierten Dichterinnen und Dichter Andrea Heuser, Anja Utler, Christian Schloyer und Dirk Baumeister erlebt man hier unplugged in einer lyrischen Jam-Session. Unterbrochen und ergänzt von Soundlandschaften und 3D-Diaprojektionen, weben die vier an einem Lyrik-Sound-Bildteppich, der schon allein deshalb einmalig sein wird, weil hier wenig vorher abgesprochen ist.
Muss man Lyrik interpretieren? Muss man nicht - geht auch gar nicht bei dieser Dichte und diesem Tempo. Das Schöne ist, dass man Lyrik hier richtig erleben kann. Hier passiert das, was junge Lyrik (auch) will: über den Bauch ins Blut gehen und erst dann im Gehirn ankommen, als halluzinatorische und erkenntniserweiternde Droge. Medizinisch wirksamer Bestandteil: 100% Sprache.
Kongenial unterstützt wird dieses Erlebnis durch imponierende Soundscapes der Djs Paul Weigel und Mario Igel (Electric Pony Noises).
Ton und Wort bilden die Doppelhelix eines unerhörten Eigenlebens, das mit tanzbarer elektronischer Musik kontaminiert wird.
Sinnliche 3D-Photoprojektionen von Rick Götting geben zusätzliche visuelle Impulse.
Part 1: 21:45 Uhr bis 22:55 Uhr; Part 2: 23:25 Uhr bis 0:35 Uhr; Open End.
Veranstalter: LiteraturDing e.V., KulturKellerei im KunstKulturQuartier
im Rahmen des Literaturfestivals Literaturupdate Bayern 2010
Förderer: Stadt Nürnberg (Kulturreferat), InterFace AG, KunstKulturQuartier
Sonntag, 15. August 2010
Poetenfest 2010: Projesie-Prosajekt
Donnerstag, 26. bis Sonntag, 29. August 2010, 21:00 bis 24:00 Uhr, Theaterstraße
Trickfilm-Figuren, die ein Gedicht vortragen, absurde Geschichten vor alltäglicher Kulisse oder surreal inszenierte Alltagsgeschichten – wenn ambitionierte Nachwuchsliteratur auf experimentellen Hobbyfilm trifft, darf man keine große Literaturverfilmung erwarten. Das wäre den Schöpfern dieser Sammlung kleiner skurriler Filmperlen auch zu dröge: Man will poetische Vielfalt, absurdes Experiment, Staunen und Kopfschütteln.
So versammelt das Projesie-Prosajekt (Videoprojekt für projizierbare Poesie und Prosa) Beiträge von 9 jungen Autorinnen und Autoren, die ihre Texte (teils mit beachtlichem Aufwand) filmisch inszeniert haben. Die Künstler entstammen den beiden Autorengruppen und Textwerkstätten „Wortwerk“ in Erlangen und Nürnberg.
Die Idee zum Projesie-Prosajekt fand sich auf der Suche nach einem für die „Wortwerk-Anthologie 3“ geeignetem Text-Präsentations-Format. Es sollte nicht wieder ein Heftchen werden, auf dem man inklusive der Druckkosten sitzen bleibt, sondern etwas Spannendes. Warum nicht die neuen technischen Möglichkeiten nutzen, wo doch beinahe jeder eine digitale Kamera zur Hand hat? Texte an die Wand werfen! In dieser Form mag eine Anthologie funktionieren!
Zu bestaunen ist die Video-Wortwerk-Anthologie erstmals auf dem 30. Erlanger Poetenfest, und das gleich an allen vier Abenden. Wer zwischen 21:00 Uhr und 24:00 Uhr durch die Theaterstraße flaniert, wird sie sehen. Wenn die Feuertaufe vor Publikum bestanden ist, werden die Einzelbeiträge auf YouTube hochgeladen und weltweit zugänglich gemacht.
Playlist für Projesie-Prosajekt aufrufen
Poetenfest 2010: 10 Jahre Wortwerk – Neue Leute, neue Texte
Sonntag, 29. August 2010, 13:30 Uhr, Schlossgarten, Nebenpodium II
Eintritt frei!
„Publikumsbefruchtung“, „Wortverlosung“, „Wörterleuchten“, „Karma-Klima-Anlage“ – bei den bisherigen Poetenfest-Gastspielen glänzte Wortwerk durch witzige Lesekonzepte. Wer abends durch die Theaterstraße schlendert, sieht dort experimentelle Literaturfilm-Schnipsel: Wortwerk hat seine dritte Anthologie als „Projesie-Prosajekt“ mitgebracht. Wo aber gibt’s die jungen Autorinnen und Autoren live?
Sonntagmittag gibt Wortwerk eine Geburtstagslesung. Der „alte Nürnberger Kern“ der ursprünglich in Erlangen ansässigen Gruppe stellt mit Christian Schloyer den Moderator. Im Mittelpunkt aber steht ein neues Wortwerk: Die Autorengruppe und Textwerkstatt hat 2009 Zuwachs bekommen – Wortwerk Erlangen „Reloaded“. Es lesen:
- Die 1986 in Dachau geborene Carolin Hensler studiert in Erlangen Germanistik und Anglistik und schreibt neben Kurzgeschichten derzeit an ihrem vierten Roman. Sie wurde bereits für Literaturpreise nominiert und im Literaturmagazin „etcetera“ veröffentlicht. Mit ihrem Mystery-Roman „LaVerne“ kam sie in die Endauswahl eines Bestseller-Schreibwettbewerbs.
- Rebekka Knoll, 1988 in Kassel geboren, studiert in Erlangen Theater- und Medienwissenschaft sowie Germanistik. Gemeinsam mit Carolin Hensler ist sie die treibende Kraft bei der Neugründung von Wortwerk Erlangen. Ihr erstes Theaterstück „Einfußinseln“ wurde 2009 am Theater Erlangen im Rahmen des Hörkunstfestivals uraufgeführt. Ihre Texte erscheinen in Zeitschriften und Anthologien.
- Hanna Rauh, geboren 1984 in Marktredwitz, studiert im Anschluss an eine Buchhändlerlehre Buchwissenschaft und Germanistik in Erlangen. 2010 wurde sie für den Preis des Erzählwettbewerbs des Berliner Tagesspiegels nominiert.
- Stefan Winter, geboren in München, auch er studiert in Erlangen: laut Selbstauskunft vorwiegend „internationale Kaffeekulturen“. In seiner Freizeit widmet er sich „hauptsächlich der lokalen Theaterszene, dem Verfassen seltsamer und potentieller Literatur sowie der Dekonstruktion seiner Identität.“
Montag, 26. April 2010
Phantastischer Kurzroman "Joie de la Curt"
Der Roman ist inspiriert an einer "Aventiure" des Sagenkreises von Artus und den Rittern der Tafelrunde. Im Minnesangroman Erek und Enide von Hartmann von Aue findet sich eine Geschichte von einem Zauberwald, den ein roter Ritter bewacht. Wer in den Wald eindringt und nicht wahrhaft liebt, wird von diesem Ritter namens Mabonagrin geköpft.
In "Joie de la Curt" treffen zwei Paare aufeinander, die sich selbst und der Welt beweisen wollen, dass ihre Liebe dauerhaft ist. Wieviel Idealisierung verträgt die Liebe? Wieviel Freiheit braucht die Liebe? Erek und Enide, und Mabonagrin und Alaia befinden sich in diesem uralten Dilemma. Und als Ritter bleibt nur das Ventil zu kämpfen...
Auszug aus dem Kurzroman "Joie de la Curt"
„Du siehst stattlich aus, mein Ritter.“
„Du freust dich nicht wirklich darüber.“
„Ich freue mich über deine Schönheit. Und ich freue mich über deine Kraft. Aber freue mich nicht auf den Kampf!“
„Jede Dame freut sich, wenn ihr Ritter gut kämpft.“
„Mir ist das gleichgültig.“
„Möge Gott dich verstehen“, brummte Mabonagrin und bestieg schwerfällig sein Pferd, das Alaia für ihn hielt. Sie ließ die Zügel los, als er oben saß. Sofort drückte er dem Tier seine Fersen in die weiche Flanke. Als das Ross nach vorne schoss, hatte er das Gespräch schon vergessen. Er genoss den Gegenwind. Er spürte die Muskeln des Pferdes unter sich arbeiten, hörte das gedämpfte Schlagen der Hufe auf der Frühlingswiese, sah die blühenden und Obst behangenen Bäume vorbeifliegen und liebte es.
Reiten und Kämpfen, das war der Inhalt des Rittertums. Wenn er oben auf seinem Pferd saß, erschien Mabonagrin das Leben leicht. Er wusste dann, was er zu tun hatte. Und nun besaß er diese herrliche Rüstung. Sie war weder zu schwer noch zu leicht, sondern genau richtig, wie sie sich an seinen Körper schmiegte, um seine Kampfkraft zu verdoppeln. Er fühlte sich stark.
„Komm zurück!“
Mabonagrin hörte Alaias Rufe kaum durch den Eisenhelm. Doch sah er durch die Augenschlitze, wie sie winkte. Als er bei ihr war, sagte sie: „Du reitest gut. – Aber etwas fehlt dir noch, und scheinst es gar nicht zu vermissen.“
„Was?“ fragte Mabonagrin erstaunt.
„Reite zu unserem Apfelbaum und schau, was du dort findest.
„Eine Lanze!“ rief Mabonagrin wenig später. „Eine prächtig feste Lanze zum Tjosten. In Rot!“
„Du sollst dich nicht freuen! Das hier wird kein Turnier. Es geht um Leben und Tod. – Kein Eindringling darf meinen Garten lebendig verlassen.“
„Was erzählst du?“ rief Mabonagrin, der nicht genau zugehört hatte. Doch bevor Alaia es besser erklären konnte, ertönte vom Rande der Wiese, - dort, wo Mabonagrin noch einige Eichen zu sehen glaubte -, der Ruf eines fremden Ritters.
Mabonagrin winkte Alaia zu und rief: „Jetzt gilt´s!“
Er drückte dem Pferd fest die Haken in die Seiten und stürmte auf den Ritter zu.
„Was habt Ihr hier zu suchen, in unserem Garten?“
„Euch fehlt es an Höflichkeit“, erwiderte der Fremde, „da Ihr nicht ordentlich grüßt. Sei´s drum, ich werde Euch schon den rechten Anstand lehren.“
Mabonagrin fragte ein weiteres Mal, und schon lag Jähzorn in seiner Stimme: „Warum kommt Ihr hierher und stört mich und meine Dame? Wer rief Euch?“
„Es war der Ruf des Abenteuers, der durch alle Lande schallt. Nur wer wirklich liebt, kann es bestehen, so heißt es. – Nun, ich liebe meine Dame über alles und will das gerne beweisen. Ihr scheint ein starker Gegner zu sein, doch meine Liebe macht mich stärker. Niemand liebt so heftig wie ich!“
„Wo ist Eure Dame jetzt?“
„Sie konnte die Nebelwolke nicht durchdringen. Eine geheime Macht hielt sie ab. Aber sie wartet am Rand dieses Zauberwaldes. – Und ich habe ihr versprochen, sie nicht lange alleine zu lassen. Darum genug geschwatzt, Roter Ritter, lasst uns sehen, wer hier wahrlich liebt!“
Der fremde Ritter schloss sein Visier. Das wenige von seinem jungen Antlitz, das Mabonagrin gesehen hatte, - vor allem die braunen verträumten Augen -, verschwand. Der Mann wurde gesichtslos, wurde zu einer feindlichen eisernen Masse. Mit lautem Ho wendete er sein Streitross und ritt zum anderen Ende der Wiese. Dort drehte er sich wieder, brachte seine Lanze in Position und wartete; ganz kalte Drohung.
Mabonagrin schwankte zwischen Zorn und Verwirrung. Er hatte keine Lust zu kämpfen. Sein Herz war dazu viel zu glücklich. Doch der hatte ihn herausgefordert. Da musste er wohl dagegen halten. Außerdem stand Alaia immer noch unter dem Apfelbaum. Seine weiße Blütenkrone umschimmerte ihren Kopf wie eine Aureole. – Es gab kein Zurück. Der Störenfried stellte sich zwischen sie und ihn. Wo er doch nur zurück in ihre Arme wollte. Heiße Wut schoss hinter seine Augen. Dafür sollte der bezahlen.
Das Pferd begann zu tänzeln. Es spürte die Anspannung seines Herrn. Mit harter Hand riss Mabonagrin am Zügel. Seine stählerne Hand schlug das Visier herunter. Die Welt war damit auf den Sehschlitz seines Helms beschränkt. Nun war er gefangen in der Einsamkeit des roten Eisens. Das rieb, schürfte und sägte sich in sein Fleisch mit jedem Zucken des Pferdekörpers unter ihm. Das Tier bäumte sich auf. Er legte die Lanze in die Waagrechte und gab es frei. Das Ross stürzte nach vorne. Eisen, Menschenfleisch und Tiermuskel wurden eins, wurden ein Ungeheuer, das flog, vorwärts, um zu vernichten, um zu töten.
Kein Wort zu Gott, kein Blick zu seiner Liebe, keinen Gedanken mehr, wer er war. Mabonagrin war nur noch rasende Bewegung. Auf ihn zu kam, schneller und schneller, über die grüne Wiese an Kirsch- und Apfelbäumen vorbei, sein Tod. Alles, was er ersehnte, war der Zusammenstoss. Da war er!
Eisen krachte auf Eisen. Mabonagrin riss sein Pferd hart zur Seite, fintete, lenkte die feindliche Lanze mit seinem Schild ins Leere und stieß selbst zu. Der Ruck riss ihm fast den Arm aus der Schulter. Ein jäher Schmerz durchzuckte seinen gefangenen Körper, während der Krach des Aufpralls ihn ertauben ließ. Die Lanze brach. Sein völlig ungebärdiges Streitross stürmte weiter. Eisenschulter prallte auf Eisenschulter. Gerade noch hielt er sich auf dem Tier. Dann war er an dem Gegner vorbei.
Wo war der Feind?
Sein Herzschlag raste, ließ ihn fast überschnappen. Er hatte keinen Atem. Im Helm war es feuchtheiß. Die Luft war verbraucht. Er wollte das Visier aufreißen. Doch wo war der Feind? Hatte der seine Lanze noch? Wie gut hatte er selbst getroffen? Er musste sein Pferd wieder beherrschen, es wenden, den Feind sehen. Bunte Schlieren tanzten vor seinen Augen. War der Blick, den der Sichtschlitz seines Helms freigab, die ganze Welt? Wo war der Feind?
Langsam, viel zu langsam wendete er sein Pferd. Jeden Augenblick erwartete er den tödlichen Stoss in seinen Rücken. Doch, als er endlich seinen Gegner wieder im Blick hatte, sah er, wie der im Sattel hin- und hertaumelte. Mabonagrins abgebrochene Lanze hatte sein Kettenhemd durchbohrt und steckte tief in seinem Bauch.
Woher war der Hass gekommen, sollte sich Mabonagrin später fragen, als er wieder denken konnte. In diesem Moment allerdings lebte er den Hass. Er zog sein Schwert und ritt auf den besiegten Ritter zu. Mit einem gewaltigen Streich hieb er ihm den Kopf vom Rumpf. Als dieser auf dem Boden aufschlug, hallte ein verzweifelter Frauenschrei von jenseits der Nebelwand durch den Garten.
Mabonagrin aber fand noch keine Ruhe. Er sprang vom Pferd. Mit zwei weiteren Schwerthieben köpfte und fällte er einen jungen herrlich blühenden Kirschbaum. Dann spitzte er den Stock zu, holte sich den abgeschlagenen Kopf und schritt an der stummen Gestalt Alaias vorbei zum Rande des Zauberwaldes.
Dort, wo die Nebel sich auflösten, fand er eine weinende Frau. Doch er kümmerte sich nicht um sie. Stattdessen rammte er den Stock mit aller Macht in die Erde. Dann pflanzte Mabonagrin den Kopf des Ritters darauf. Als Zeichen für alle, die in der Zukunft zu kommen wagten.
Die Dame floh voll irrsinnigem Schrecken, als sie sah, was der Rote Ritter ihrem Liebsten antat. Mabonagrin aber machte kehrt und verschwand in den Nebeln des Zaubergartens. Zurück blieb als einsamer Wächter der Totenkopfpfahl.
Freitag, 23. April 2010
Miss Verbundraum Lüneburg Wümme Fallingbostel
Lizzy wischte eine Träne aufrichtiger Rührung aus ihrem Augenwinkel. Glitzerndes Konfetti rieselte zeitlupenartig von der Decke der Lüneburger Stadthalle, fand an ihrem, mit dem Glätteisen bis zur Spiegelfläche getrimmten Haar, keinen Halt und ließ sich auf dem Gesicht nieder. Dort vermischte es sich mit Schweiß, Tränen und einer nicht mehr ganz so soliden Foundation aus antibakteriellem Abdeckstift und Kompaktpuder, die unter dem grellen Scheinwerferlicht allmählich zu schmelzen begann.
Von den Seitenarmen der T-förmigen Bühne eilte eine Delegation von als Busfahrerinnen ausstaffierten Hilfskräften herbei, die Lizzy feierlich eine Schärpe umlegten – „Miss Verbundraum Lüneburg Wümme Fallingbostel“ war darauf in goldenen Lettern geschrieben.
Sie schluchzte, während der Geschäftsführer der Verkehrsgemeinschaft Nordost ihr würdevoll eine Krone aufsetzte. Lizzy knickten unter der Last eines nervenzusammenbruchartigen Heulkrampfes die Knie ein.
„Das ist sie: Unsere neue Miss VLWF!“ kündigte der Geschäftsführer mit stolzgeschwellter Brust an, „die Bühne gehört ihr... für den traditionellen Siegeslauf!“
Lizzy sammelte all ihre Kräfte und sprang auf ihre noch wackeligen Beine zurück. Insgesamt schien ihr Körper derzeit nur teilweise der Kontrolle ihres Gehirns zu unterliegen, und so entlud sich ihre wilde Freude über den Sieg ungehemmt in einer Unzahl Schwindel erregender Pirouetten und unkontrollierter Luftsprünge.
Der, durch die vorübergehende geistige Umnachtung der Miss, nicht mehr ganz so traditionelle Siegeslauf, wurde begleitet von einem durch und durch traditionellen Videoportrait, wie es an dieser Stelle der Zeremonie auch in den vergangenen Jahren immer auf einer überdimensionalen Leinwand im Hintergrund lief. Wie jedes Jahr zeigte es einen kurzen Abriss des ereignislosen Lebens der frisch gekürten Siegerin vor ihrem Eintritt in die Welt der Schönheitsköniginnen. Darauf folgte die nachgestellte Szene ihrer Entdeckung durch einen aufmerksamen U-Bahnschaffner, dessen Gespür für Mode und Style in einem einfachen Fahrgast das Potenzial zum Model zu sehen im Stande war. Den vergleichsweise längsten Teil bildete allerdings eine Zusammenfassung der unfassbar wertvollen und menschlich prägenden letzten zweieinhalb Stunden, in denen Lizzy gezielt und jenseits von jeglichem Gefühl für Anstand und Moral, eine Konkurrentin nach der anderen ausgeschaltet hatte.
Und jetzt, nach all dem Kampf um die Krone – jetzt war es endlich so weit: der Geschäftsführer überreichte ihr feierlich ihren Arbeitsvertrag mit dem Homeshoppingkanal, bei dem sie ab nun ein Jahr lang Anti-Falten-Cremes, Rheumadecken, Wellnesssocken und Porzellanpüppchen präsentieren durfte. Hinzu kam ein Jahresticket für den öffentlichen Nahverkehr des Verbundraums.
Lizzy hatte es geschafft. War vom einfachen Fahrgast an der U-Bahnhaltestelle Peppenbruck auf direktem Wege zur Miss Verbundraum Lüneburg Wümme Fallingbostel aufgestiegen.
Eine Reihe falscher Wimpern trat in sinnflutartigen Sturzbächen von Freudentränen ihre Reise gen Mundwinkel an, als sie das Mikrofon zur Dankesrede entgegennahm. " Ich... ich danke..." schniefte sie, "ich danke Gott, meinen Eltern und dem Verkehrsverbund Lüneburg!"